Nick Adams
Dr. Jerkl & Mr. Bait
Im Grunde alles richtig und nachvollziehbar wie du argumentierst. Aber wenn du fragst, was ein Frenzy Popper oder ein Köderretter "wert sei", so wäre mal interesssnt zu hören, welche Zahl du hier aufrufen würdest.Habe ich jemals behauptet die Rollen von Shimano, Daiwa & Co. wären ihren Preis wert? In der Industrie wären Produkte mit dieser "Wertschöpfung und geringer Haltbarkeit" kaum zu verkaufen. Ich habe übrigens ein gebrauchtes Iphone 6Se, dies übrigens nur weil eine frühere Freundin mir dies letztes Jahr zum Gebutstag geschenkt hat. Ich habe mich jahrelang im High End Bereich (Home und Car Hi Fi) aufgehalten. Ich habe Geräte entwickelt, produziert, gewartet, repariert, getuned, Wettbewerbsfahrzeuge konzipiert, gebaut, eingemesssen......., Der überwiegende Teil der "Leistung" war Woodoo, Wettbewerbe mal ausgenommen. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine. Ich habe der Branche irgendwann den Rücken gekehrt. Wenn High End nur dazu dient, den Wert einer Sache völlig übertrieben zu steigern, nur der Werbung dient und mit Lifestyle "gerechtfertigt" wird, dann ist das nicht vernünftig und man sollte sich überlegen, ob man nicht etwas anderes macht.
Warum soll ich etwas akzeptieren, das nur existiert, weil die "Werbung" und das Kaufverhalten einiger weniger dafür sorgen. Was denkst du, wie sah die Gewinnspanne vor 30 Jahren bei dem Spitzenmodell einer DAM Quick Rolle Made in Germany und einer heutigen Shimano Stella aus? Im übrigen verdient ein japanischer Fabrikarbeiter weit weniger als viele denken. Die Quick von damals läuft wahrscheinlich heute noch, eine intensiv gefischte Stella ist wahrscheinlich nach ein paar Jahren durch und Ersatzteile gibt es dann oft auch nicht mehr. Früher hielt eine in der Elbe oft gefischte Stella die Zanderjagd ca. 1-2 Jahre durch, dann war sie durch und landete bei Ebay. Dies bestägtigte mir auch mal ein sehr bekannter Hechtangler bzgl. seiner Stellas.
Es gibt viele Leute in der Branche und es ist nicht alles so geheim, wie viele sich das vorstellen. Innerhalb der Branche weiss man oft recht viel über den "Anderen". Ich habe schon vor 20 Jahren mit schwedischen Einkäufern am Lagerfeuer gesessen, ein Freund von mir war jahrzehntelang Einkäufer, manchmal geht man mit einem Teamangler Fischen, Bekannte haben Betriebe für Lohnfertigung,..... Ja, mit diesem und einigem anderen Wissen fällt es mir schwer, bei vielen Dingen zu dem Schluß zu kommen, daß es mir das Geld wert ist. Wie sieht das wohl übrigens beim Materialeinsatz aus? Da gibt es eine hochwertige Muskyrute mit fast 400 Gramm. Die gibt es für rund 400 €. Dann kommt die lechte Barschrute mit unter 100 Gramm. Da steckt nicht nur weniger Carbonmatte drin. Ein kleiner Rutenring hat nicht nur weniger Material, er benötigt auch weniger Zeit bei der Fertigung. Ein Viertel weniger Rute und trotzdem fast gleich teuer.......
"Denunzieren"? Geht's noch? Ich habe in den letzten zwei Jahren für eine medizinische Firma zwei Patente entwickelt. Ich habe die Entwicklung gemacht, ich habe die ersten Prototypen selber gebaut, ich habe die Produzenten / Zulieferer für die Vorserie und für die Serienfertigung ausgesucht und koordiniert. Von den Gewinnspannen der Angelgeräte im High End Bereich sind wir Lichtjahre entfernt. Ja, ich weiss, im medizinischen Bereich gibt es auch gewaltige Gewinnspannen, ist aber bei meinen Entwicklungen nicht der Fall. Wir wollten, daß es sich möglichst viele Patienten leisten können.
Was ist ein Frenzy Popper wert? Es gibt den Frenzy Popper nicht mehr. Bei mir hat der Frenzy Popper in seiner Fängigkeit jeden erhältlichen Popper am Wasser am Barsch im direkten Vergleich geschlagen. Er wird seit zig Jahren nach einem Gerichtsprozess nicht mehr produziert. Es gibt nur noch eine begrenzte Menge, dann ist für immer Schluß. Es gibt einen US-Händler, der aktuell noch einen Restbestand verkauft, früher für 40 $, jetzt wegen Geschäftsaufgabe reduziert. Mit Porto und Gebühren kostet er dann bis er hier ist so um die 25-30 €, Zeck kauft einen Wobbler für unter 1 $ in China ein und verkauft ihn hier für 12,90 €. Er kann tausend kaufen oder auch 20.000. Er kann ihn jedes Jahr neu bestellen. Der Frenzy hat bei mir seine herausragende Position bewiesen und basiert nicht auf Werbung oder Lifestyle. Beide Köder sind also gleich zu bewerten? Und ja, der Zeck Wobbler den ich meine, ist top. Er ist wirklich fängig, nicht überragend aber gut, jederzeit für jeden in China für kleines Geld zu bekommen.
Die Materialien sind deutlich teurer geworden. Bei Drähten fragt man sich ob die aus Gold gefertigt werden oder ob man aus Versehen gerade einen Kilometer bestellt hat, sofern man überhaupt etwas bekommt. Deutschland war mal ein "Drahtland". Heute kommt der Draht aus China, Indien oder Abu Dhabi (konnte ich auch nicht glauben, als ich vorletztes Jahr in die Drahtbiegeindustrie rein schnuppern durfte bei der Herstellersuche). Das deutsche Normenwesen zur Qualitätssicherung hat die Sache noch schwieriger gemacht. Ein Kilometer ist ein kleines Problem, 10 m zu bekommen ist manchmal fast nicht machbar. Das ist aber nicht der Punkt. Du rettest am Tag zwei Jerk Baits oder beim Vertikalangeln ein paar Tage lang deine Köder vor dem Verlust. Der Köderretter bezahlt sich sozusagen von selber. Da gibt es im Angelsektor nicht viele vergleichbare Produkte. Johannes gab mal die Rettungsquote in Spanien mit ca. 50 % an. Wenn ich am Tag bis zu 20 Gummis in versunkenen Olivenbäumen versenke und davon die Hälfte rette..... Das hat dann einen wirklichen realen Wert, schont die Umwelt, rettet einem vielleicht den Urlaub, weil der einzige fängige Köder nur noch in geringen Stückzahlen in den Boxen liegt. Welchen Wert hat also ein wirklich guter und erprobter Köderretter am Wasser?
Denn im Ergebnis spiegelt der Marktpreis einer Sache nicht nur den Materialwert oder den objektiven Nutzen einer Sache wieder sondern auch den individuellen "Wert", den ein Einzelner oder auch mehrere dafür zu zahlen bereit sind, egal wie rational oder unrational dieser ist. Dessen scheinst du dir bei der Preisbildung von Frenzy Popper oder Köderretter wohl auch bewusst zu sein. Oder liege ich da falsch?
Und nicht anderes läuft die Preisbildung bei gehyptem JDM Tackle oder sonstigen (Konsum)Gütern ab.
Man könnte mit einer ähnlichen Argumentation wie dem Köderreter auch den Preis für fast jede Angelrute rechtfertigen: Nehmen wir mal an, man betreibt eine "maßvolle" Entnahme von sagen wir mal einem Zander pro Woche (vorausgesetzt das Gewässer gibt solche Fangquoten her) und tischt diesen Freitags seiner Familie auf. Dann spart man sich 25-30 Euro pro Woche an Kosten fürs Filet und hat dann schnell 1000-1200 Euro im Jahr gespart. Ja ich weiß, Rolle, Schnur, Köder kommen auch dazu, dann streckt man die Rechnung halt auf 2-3 Jahre.
(Und nein, ich bin nicht dafür alles abzuknüppeln, ist nur ein Rechenbeispiel).
Versteh mich nicht falsch, in vielem gebe ich dir inhaltlich Recht, aber die von der angeführten und kritisierten Regeln des Marktes scheinen für dich dann wohl auch zu gelten.
So, Tight Lines und wird Zeit das die Schonzeit vorbei geht!
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