Ich denke das ist zu pauschal dargestellt. Von BFTs mal abgesehen, das Mittelmeer der 80er und 90er in dem ich aufgewachsen bin, war wesentlich intakter als heute. Schlepp- und Ringwadennetze werden heute intensiver den je benutzt und zwar nach wie vor Küstennah in den Fischkindergärten. Ebenso hat die traditionelle Fischerei wenig bis gar keine Reglementierungen erfahren. Neue Gesetze und Regeln betreffen meist die Freizeitfischerei und sind reiner Aktionismus der Politik. Apropos, es ist kein Geheimnis das zum Beispiel in Griechenland viele Politiker an der Berufsfischerei kräftig mitverdienen. Beteiligungen an ganzen Flotten von Schleppnetzkutter sind üblich... Die traditionelle küstennähe Fischerei hat zudem durch den Fortschritt der Technik Zugang zu Fischreserven bekommen die vor 30-40 Jahren noch unerschlossen waren. Diese Fischbestände wurden innerhalb weniger Jahre komplett dezimiert und heute sucht man fast vergeblich nach Spots mit Rotbarschen oder Pagrus in Tiefen um 70-200m oder aber auch nach den riesigen AJ Schwärmen im Mai.... Und es liegt sicher auch daran dass die Fischpreise explodiert sind und viele junge Menschen gerade im Mittelmeerraum mit einem Boot, einem besseren Echo, ein paar YT Tipps und viel Zeit mehr Geld an einem Tag verdienen können als ein Angestellter mit Mindestlohn im Monat... Fehlende Bildung gepaart mit Ignoranz und Egoismus geben dem MM den Rest. Leider...
Und was nicht direkt durch Menschenhand zerstört wird, erledigen der Klimawandel und invasive Arten. Dieses Jahr sind die wärmsten Wassertemperaturen ever im MM gemessen worden. Fast durchgehend von West nach Ost um die 30C.... Verrückt!
Mein Fazit: In den 90ern gab es evtl nicht so viele Tunas, im Allgemeinen war das MM aber wesentlich lebendiger und die Fische zahlreicher und größer.
Ich finde auch dass sich viel zum Guten gewendet hat im Mittelmeer (Griechenland), aber nicht immer für Angler.
Mittlerweile sind ja viele Erwerbsfischer zum Vertikalen bzw. Slow Jiggen übergegangen oder halt livebait für die großen Fische. Die Motivation ist ganz klar, in den Monaten Juni bis September ist der Preis für die teuren und touristisch gefragten Arten am höchsten, deshalb fischt jeder auf "snapper" also fagri, Dentex, pink dentex oder grouper. Dieses Jahr haben die Restaurants teilweise 25,- pro Kilo gezahlt im August. Auch fischen mittlerweile die meisten mit wirklich guten Echoloten, E-Bugmotoren zum Ankern etc. Das merkt man leider auch, alle diese Fische werden weniger und kleiner....
Allerdings ist das eine sehr selektive Fischerei, kein Beifang wie Vögel, Schildkröten, etc, keine Netze die zu 80% Beifang produzieren.
Außerdem gibt es keine Erlaubnis mehr für Privat- oder Nebenerwerbsfischer Netze zu stellen, das macht sich in vielen Buchten deutlich bemerkbar.
Zudem ist die Dynamitfischerei zumindest im Sommer mittlerweile selten, das kenne ich aus den 80er/90ern noch ganz anders.
Folglich macht das Schnorcheln mittlerweile richtig Spaß, Meeresschnecken, Seepferdchen, diverse Lippfische und Meerbrassenarten, Umberfische sehe ich mittlerweile deutlich mehr als vor 20 Jahren, auch die Seegraswiesen sehen mittlerweile viel besser aus, und das trotz Kaninchenfischinvasion.
Delfine haben deutlich zugenommen, dieses Jahr habe ich jeden Tag morgens und abends wirklich große Schulen gesehen, und die ernähren sich von den großen Schwärmen Gelbstrieme/Stöcker/Makrele/Sardine.....diese Futterfische können offensichtlich wirklich Mengen an Delfinen (und Bluefins) ernähren.
Auch ist langsam ein Umdenken bei der Bevölkerung zu erkennen, Müll wird am Strand mit nach Hause genommen, keine Autobatterien als Gewicht für Bojen, die Sonntagsharpunierer mit ihren faustgroßen Kraken haben auch abgenommen finde ich.
Wirklich problematisch sind halt die großen Trawler, die keine Hoheitsgewässer respektieren und mittels Korruption auch nicht viel zu befürchten haben und deren Schleppnetze den kompletten Meeresboden planieren. Da wäre auch mal die EU gefragt dort stärker zu unterstützen, aber die lässt die Griechen ja schon mit anderen Problemen allein....