Max Fischer
Echo-Orakel
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Es gibt also viel zu entdecken!
Griechenland hat in den letzten Jahren im Bereich der Salzwasserfischei in Europa deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen. Mit dem Ankommen der aus Japan stammenden Technik des Shore Jiggings im MIttelmeerraum rückten plötzlich Fänge, die man sonst eher vom Bootsfischen kannte, auch für Uferangler in greifbare Nähe. Nicht zuletzt hat dabei auch die Verbreitung von Shore-Jigging-Videos auf YouTube einen erheblichen Beitrag geleistet und dazu geführt, dass sich immer mehr Menschen für diese Angelart interessieren - so auch ich.
Griechenland bildet durch seine Lage im ostlichen Mittelmeer und vor allem durch seine vielen felsigen Inseln ein ideales Einsatzgebiet, um mit Jig und Rute auf Raubfischjagdt zu gehen. Wusstet ihr, dass Griechenlands Küste zu den zwanzig längsten der Welt gehört?
Acid-Rocks die absolute Hölle für den Uferangler! Die vom Salz zerfressenen Kalksteinfelsen sind scharf wie Messer.
Als ich vor ca. fünf Jahren mit dem Shore Jiggen in Griechenland anfing machte ich schnell erste Erfahrungen mit dem kampfstärksten aller Mittelmeerfische - dem Amberjack. Obwohl oder gerade weil, ich mir bei den ersten Begegnungen ein blaues Auge holte (Vollrun und Cut) war ich extrem angefixt. Ich konnte nicht fassen wie schnell, kraftvoll und zielgerichtet die Fische vorgingen sobald man sie am Haken hat. Die pelagisch lebende Fischart visiert, sobald im Drill, Strukturen wie Felsen, Riffkanten und andere Hindernisse Unterwasser an, um den Haken loszuwerden. Dies steht verhaltenstechnisch im kompletten Gegensatz zu den anderen pelagischen Fischarten im Mittelmeer wie z.B. False Albacore, Bonito, Mahi Mahi ect., die im Drill das offene Wasser suchen bzw. im Mittelwasser kämpfen.
Trainings-Amberjack mit der Typischen Augenbinde
Als Resultat dieser Angewohnheit wird der Drill (vom Fels-Ufer) mit einem Amberjack zur Herausforderung. So können selbst Fische mit 2-3 kg eine Kraft entwickeln, die, kombiniert mit ihrem Talent den schärfsten Stein Unterwasser zu finden, zum Schnur-Cut führen.
Aus der Perspektive eines Süßwasseranglers war das für mich ein neues Universum - eine neue Welt - einfach heftig! Wer im Süßwasser den Fisch zum Biss verleitet hat, der landet diesen in der Regel auch - vorausgesetzt der Haken sitzt richtig; im Fall des Amberjacks fängt der schwierigste Teil genau jetzt an. Im Gegensatz zum Bootsangler drillt man den Fisch nicht von den Strukturen weg, sondern genau auf diese drauf. Um hier die Oberhand zu behalten, muss man gut vorbereitet und bereit sein alles zu geben.
Mein erster größerer Amberjack mit ca. 4 kg - schön zu erkennen die rauen Hornplatten im AJ-Maul
Hart, schnell und dreckig!
Ich also auf den Felsen zweimal mit der geballten Power dieser Fische konfrontiert realisiere, dass das genau mein Ding ist. Hart, schnell und dreckig!
Über die Jahre arbeite ich mich nach oben: der zweite Amberjack, den ich landen konnte, war gleich ein guter Fisch; darauf folgte sogar noch ein bisschen größerer, der jedoch die 5 kg nicht überschritt.
Die Drills sind zu Beginn für mich echt übel - vor allem die Aufregung gepaart mit der kurzzeitigen Anstrengung macht mich fertig und führt bei den ersten Drills zu einem Art "Backflash", der in mir für einen kurzen Moment die Übelkeit steigen lässt. Ich kann mir das nur so erklären, dass im Moment des Bisses und während des Drills eine Unmenge an Adrenalin ausgeschüttet wird, was aufgrund der Kürze der Drills kaum Zeit hat sich abzubauen. Ist dann der Fisch an Land, fällt auf einmal die Anspannung ab und das Adrenalin ist weg. Der Adrenalinschock wirkt sozusagen rückwärts ins Leere. Wenn jemand dafür eine fundierte medizinische Erklärung hat - gerne!
Angeln in Griechenland bedeutet in erster Linie Naturerlebnis und nicht Fischfang
Ich angele mich durch unterschiedliche griechische Meere, von Spot zu Spot und mit einigen, aber immer nur "kleinen" Fischen. Umso mehr ich angle, umso weiter entferne ich mich von den Größen zu Beginn meiner SJ-Zeit - so zumindest mein Gefühl.
Rückblickend bin ich froh, da die Fische äußerst hilfreich waren um das Verhalten im Drill besser zu verstehen und somit meine Strategie anzupassen. Denn Pressen hilft nicht immer und gerade beim Amberjack ist es von großer Bedeutung ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann es bränzlich wird, denn dann hilft nur noch schnell den Schnurbügel zu öffnen und damit einen Schnur-Cut zu verhindern.
Ein Screenshot aus einem meiner YT-Videos kurz bevor ich den Bügel öffne - gut zu erkennen die Struktur Unterwasser und die voll belastete Rute
Durch das gezielte Öffnen des Schnurbügels gelang es mir den Fisch aus dem oben zu sehenden Screenshot trotz ultra schwierigem Spot doch noch zu landen. Der Fisch war mit 5 kg + damals mein größter AJ.
Als Rute verwende ich eine Zenaq Accura 100 H mit einer 4500 H Rolle (alte Daiwa Größe) und einer PE 3. Mit einer Bremseinstellung von 7 kg (gemessen an der Rolle) hat man auch bei großen Fischen die Möglichkeit die Oberhand zu gewinnen - denn darauf kommt es an. Wer lange Drills sucht, der ist bei dieser Art der Küstenfischerei falsch, denn in der Regel dauert es nur ein bis zwei Minuten bis ein Fisch gewonnen oder verloren ist.
Und dann kam der Tag auf den ich die ganzen Jahre hingefischt hatte wie aus dem Nichts. Ich war schon einige Tage am Angeln und mit den Bedingungen sehr unzufrieden. Glattes Wasser, keine Welle, kein Swell, kein Wind. Ein paar Tage zuvor hatte ich bereits den Spot entdeckt und mit Bravour geschneidert. Es war zwar unglaublich viel Baitfisch am Platz, doch auch eine starke Strömung vorhanden, die den Aufenthalt in diesem Bereich unattraktiv erscheinen lies. Dennoch überzeugt von dem Spot kehrte ich an den folgenden Tagen wieder zurück. Der zweite Besuch brachte zumindest einen kleinen Grouper und einen mini Dentex. Aufgrund der geringen Aktivität war der Plan in der Dunkelheit zu jiggen, um zu sehen, ob die Fische ihre Beißzeit komplett verlegt hatten, doch dazu kam es nicht...
Im Video ist zu sehen, was sich kaum mit Worten beschreiben lässt. Der Fisch nimmt den Jig im unten Drittel der Wassersäule. Der Biss ist erstmal nicht besonders stark, nicht stärker als bei dem 3 kg Fisch zuvor. Beim Anschlagen des Fisches spüre ich aber das Gewicht. Jetzt macht sich die Erfahrung der letzten Jahre bezahlt. Bremseinstellung, ein sicherer Stand und ein blindes Vertrauen in das Tackle sind Schlüsselfaktoren um überhaupt den Hauch einer Chance zu haben. Denn es geht jetzt darum, sich komplett auf den Drill zu fokusieren, der schon alles abverlangt. Wer meint sich im Nachhinein noch passend zu platzieren, der riskiert nicht nur den Verlust des Fisches, sondern im schlimmsten Fall auch Verletzungen.
Ich weiß noch wie erstaunt ich im Drill bin, wie viel Schnur der Fisch nimmt, bewege kurz meine Hand zur Bremse in der Erwägung noch weiter zu drehen, entscheide mich dann aber dagegen. Der Kampf ist so schnell und intensiv, dass mir für einen kurzen Moment die Rute wegrutscht und ich sie neu platzieren muss.
Wie es ausgeht wisst ihr ja. Und zum Fisch? Von dem gönne ich mir von Zeit zu Zeit ein Stück Filet - meine neuste Entdeckung: Rotes Thaicurry mit Amberjack in Kokosmilch!
Tight Lines Max